„Pieta“ Ein Gedicht von Angelika Zädow

„Jetzt weiß ich, was das ist – eine untröstliche Seele.“

Sie schaut mich an, eine Träne auf der Wange.

Sie weint still.

Ihr Blick geht zu dem Kind, ihrem Kind.

Die Tochter liegt wie schafend in den Kissen.

„Lina“, flüstert sie flehend,

als könnte sie das Leben zurückholen

in den kleinen Körper.

„Lina“, sagt sie noch einmal leise

und streicht eine Haarsträhne aus dem blassen Gesicht.

„Weißt Du, die letzten Tage war sie

schon nicht mehr auf dieser Welt.“

Sie zeigt auf ein paar Bilder.

„Das sind die letzten, die sie gemalt hat.“

Blumen und Schmetterlinge,

immer wieder bunte Schmetterlinge.

Auf den Bildern fliegen sie himmelwärts.

Eine Woche später stehen wir vor dem Sarg.

Mädchen und Jungen ihrer Klasse haben

Erinnerung darauf gestaltet

an die gemeinsame Zeit:

Die Klassenfahrt in die Eifel.

Der Ausflug ins Schwimmbad.

Der Besuch im Tierpark.

„Schön“, sie lächelt,

„das hätte Lina gefallen.

Sie war so voller Leben.

Und das – ja, das bleibt.

Die Sehnsucht nach Leben.

Einfach Lina – Lina eben.“

Entschlossen wischt sie eine Träne weg.

Am Grab lassen wir Luftballons

fliegen

himmelwärts.

Gewidmet dem Kinderhospizdienst im Verein „Regenbogen“ Halberstadt.