von Renate Petrahn
„Gott segne und beschütze Dich. Er schenke Dir Mut und Kraft sowie Weisheit für Deinen Weg“. Mit diesen Worten spendete Diakon Volker Leutritz unter Handauflegung fünf neuen ehrenamtlichen Hospizbegleiterinnen den Segen Gottes. Ein Engagement, das Volker Leutritz aus eigener Erfahrung durch seine zwanzigjährige Tätigkeit als Helfer im Halberstädter Hospizverein „Regenbogen“ kennt.
Der Einsegnungsgottesdienst setzte den Schlusspunkt unter einen einjährigen Vorbereitungskurs, der erforderlich ist, um dieses besondere Ehrenamt ausüben zu können und versteht sich als eine Stärkung, um die selbstgewählte Aufgabe – die eigene Kraft und Kompetenz schwerstkranken und sterbenden Menschen und ihren Angehörigen zur Verfügung stellen – ausüben zu können.
Ausgewählt für den Gottesdienst hatte der Diakon das Kirchenlied von Matthias Claudius vom Pflügen und Streuen, Danken und Bewahren. Wie es Volker Leutritz es sieht, symbolisiere dieses Lied die Botschaft des Abends: des Dienstes am Nächsten.
In ihrer Festansprache rief Kordula Schippan, die leitende Koordinatorin des Hospizvereins, wesentliche Momente der Ausbildung in die Erinnerung zurück, geprägt von der Freude an der anspruchsvollen Aufgabe, aber auch von Zweifeln, ihr entsprechen zu können.
Schlüsselworte, musikalisch untermalt, wie sich auf den Weg machen, wahrnehmen mit allen Sinnen, zuhören, bleiben zu können auch in komplexen Situationen bis hin zum Abschiednehmen und der Hoffnung, „dass der Himmel keine Tränen kennt“, kennzeichnen den facettenreichen Befähigungskurs.
Die fünf Frauen im Alter von 49 bis 65 Jahren haben sich nicht nur theoretisch mit der Sterbebegleitung auseinandergesetzt. Während eines Praktikums im stationären Hospiz in Quedlinburg und in Pflegeeinrichtungen haben sie erfahren, was das von ihnen angestrebte Ehrenamt an Schmerzlichem als auch an Kostbarem mit sich bringt. Sie haben eingewilligt, mit an der Last für Sterbende und deren Angehörigen zu tragen, aber auch Dank und Freude für ihr Wirken entgegenzunehmen sowohl in der Hospizarbeit für Erwachsene als auch im ambulanten Kinderhospizdienst.
„Die Menschen, die sich bei uns bewerben“, sagt Kordula Schippan, „sind Menschen, die durch das Leben geprägt wurden, selbst Trauerarbeit leisten mussten und Verluste hinnehmen mussten oder im beruflichen Kontext Erfahrungen mit Grenzsituationen gesammelt haben. Diese persönlichen Erfahrungen tragen dazu bei, anderen Menschen Beistand und Hilfe zu sein“.
Die neuen ehrenamtlichen Hospizmitarbeiterinnen bestätigen die Worte der leitenden Koordinatorin.
Kerstin Brisch ist im Alten- und Pflegeheim St, Stephanus in Osterwieck ehrenamtlich tätig und ist bereits erfahren in der Begleitung von Heimbewohnern.
Und Doreen Lehmann Thale /OT Altenbrak, fühlt sich aufgerufen, den Menschen, die von der Gesellschaft wenig beachtet werden, Hilfe und Unterstützung zuteil werden zu lassen.
Für Sabine Schröder aus Klein Quenstedt bedeutet ihre neue Aufgabe, etwas von der Hilfe und Unterstützung zurückzugeben, die sie selbst erfahren hat.
Carola Stosch aus Halberstadt haben persönliche Gründe motiviert, sich als ehrenamtliche Hospizbegleiterin ausbilden zu lassen.
Die Klein Quenstedterin Bärbel Strümpel möchte als ehemalige Krankenschwester auch im Ruhestand für andere Menschen, die ihre Hilfe brauchen, da sein.
Wie sehr die eingesegneten Hospizbegleiterinnen bereits im Hospizverein Regenbogen integriert sind, zeigt nicht nur die Teilnahme von Heinke Sierig und Helga Hirth, Vorstandsvorsitzende und stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Vereins, am Einsegnungsgottesdienst.
Viele langjährig im Hospizverein ehrenamtlich Tätige waren gekommen, um diesen kostbaren Moment mit den neu gewonnenen Begleiterinnen zu teilen.
Um im Bild von Matthias Claudius vom Säen und Ernten zu bleiben, sagte Heinke Sierig: “Ich freue mich, dass unsere ehrenamtlichen Hospizbegleiterinnen den Boden vorbereitet haben, damit die Saat aufgehen kann. Dank ihrer Arbeit haben wir mehr Menschen für unsere Aufgaben gewinnen können. Das macht mich glücklich“.
Ausgerüstet für diese neue Lebensetappe sind die Teilnehmerinnen des abgeschlossenen Befähigungskurses nicht nur mit einem Zertifikat. Kordula Schippan überreichte ihnen auch eine (Arbeits-)Tasche, die neben dem medizinisch Notwendigen, wie der Corona-Atemschutzmaske oder Desinfektionsmitteln, auch ein kleines Buch enthält. Darin hat Silke Kuwatsch Sinnsprüche, Gebete und Psalmen für den letzten Weg zusammengestellt.
Mit einem besonderen Geschenk an alle endet der bewegende Einsegnungsgottesdienst, mit einem Säckchen getrockneter Bohnen und der dazugehörigen Geschichte eines Mannes, der die Glücksmomente eines Tages zu zählen wusste, indem er nicht nur die großen Augenblicke
bewusst erlebte, sondern seine Augen offen hielt den kleinen, vorgeblich unscheinbaren Momente im Leben.
erschienen in der Volksstimme vom 05.07.2021